Wenn's dem Esel zu wohl wird...
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Wenn's dem Esel zu wohl wird...
Liebe Modellbaufreunde,
als Kind und Jugendlicher habe ich Schiffs-, Flugzeug- und Motorradmodelle gebaut. Für Maritimes habe ich mich immer besonders interessiert, ohne je zur See gefahren zu sein. Die Bücher über Captain Hornblower oder den Seeteufel Graf Luckner habe ich damals verschlungen.
Das Mehr an Freizeit nach meinem Eintritt in den Ruhestand vor ein paar Jahren machte es möglich, wieder mit dem Schiffsmodellbau anzufangen. Ganz bewusst habe ich mich dafür entschieden, Modellschiffe aus Holz zu bauen, weil Holz ein sehr kreativer Werkstoff ist und ich Menschen, die damit umgehen können, ob dieser Fähigkeit immer schon bewundert habe.
Inzwischen habe ich ein Schiff fertig gestellt. Das möchte ich euch heute mit allen Fehlern und Mängeln vorstellen.
Anfang 2015 habe ich den Krick-Bausatz „President“ gekauft und schnell gemerkt, dass dieses „Modell“ nett aussieht, aber keinen historischen Ansprüchen genügt.
Nach der Kiellegung beschloss ich, mich völlig vom Bauplan zu lösen und aus dem Vorhandenen etwas Eigenständiges zu bauen. Bald zeigte sich: Außer Planken und Rundhölzern konnte ich nur wenig aus dem Bausatz verwenden. Außerdem fehlten viele Dinge, die laut „Mondfeld“ oder „Marquardt“ unverzichtbar sind. Das hätte ich alles einfacher haben können, aber: Wenn's dem Esel...
Mein Modell stellt eine französische Fregatte aus der zweiten Hälfte des 18. Jh. dar und orientiert sich formal und in der Farbgebung an der „L’Hermione“, deren Bau in Rochefort ich über die Jahre verfolgt habe.
Maßstab und Abmessungen:
Der Bausatz-Maßstab 1:60 ist ein Witz. Ich habe alles auf 1:100 berechnet. Mein Modell ist 51 cm lang geworden (einschl. Bugspriet), Länge zwischen Galion und Heckreling: 36 cm, größte Breite: 10 cm, Höhe Kiel – Großmast: 44 cm. Rückschauend betrachtet hätte ein Maßstab 1:120 zu originaleren Dimensionen geführt.
Den Rumpf habe ich an Bug und Heck um insgesamt 4 cm verlängert.
Galionsspanten und Galionsregeln sind aus Sperrholz bzw. Vierkantleisten aufgebaut. Die Galionsfigur sieht wie ein Pudel aus, soll aber ein Löwe sein. Sie ist auf jeden Fall zu groß ausgefallen. Sperrholz eignet sich nicht zum Schnitzen!
Für die Kupferbeplankung habe ich Plättchen im Format 16 x 6 mm aus einer Folie ausgeschnitten und mit Pattex überlappend aufgeklebt. Ganz wichtig: Latrine mit Fallrohr!
Die Heck- und Seitengalerien wurden aus Sperrholz in Schichtbauweise angefertigt. Die hinteren Fensterrahmen stammen aus dem Bausatz. Die Seitentaschen müssten etwas kleiner sein. Die zu große Eigenbaulaterne wurde ausgetauscht.
Bewaffnung:
Die mitgelieferten 12 (!) Rohre und Lafetten sind durch nachgekaufte Geschütze und Eigenbaulafetten ersetzt worden. Insgesamt stehen 26 Geschütze auf dem Batteriedeck, sechs Geschütze und zwei Drehbassen auf dem Achterdeck und zwei Karronaden auf der Back. Alle sichtbaren Geschütze sind getakelt. Für die Karronaden habe ich auf die Rohre aus dem Bausatz zurückgegriffen. Ich hätte sie vorn absägen sollen. Hinter den (nicht gleichmäßig ausgerichteten) Geschützen auf dem Batteriedeck und den kleinen Kanönchen auf dem Achterdeck ist zu wenig Platz für den Rücklauf. Da stimmt’s nicht mit dem Maßstab!
Decks und Aufbauten: Back, Batterie- und Achterdeck mittels Schablone aus 1 mm Sperrholz ausgeschnitten und mit 0,5 x 4 mm Ahornleisten beplankt. Dunkel gebeizt.
Kranbalken, Spill, Ruderstand, Teile der Grätings und Rüsten aus dem Bausatz verwendet. Fender, Geländer, Glockenstühle und Glocken, Kompasshäuschen, Nagelbänke, Knechte, Kreuzhölzer, Finknetze und –kästen sind Eigenbau. Das Beiboot wurde dazugekauft (Bausatz).
Anker: Das Modell hat vier Anker (zwei dazugekauft). Ankerbojen aus Glasperlen.
Masten:
Höhe ab Deck: Fockmast 340 mm, Großmast 370 mm, Besanmast 270 mm, Bugspriet 200 mm. Marsen und Eselshäupter aus dem Bausatz. Rest Eigenbau.
Stehendes Gut:
Sprietzurring, Wasser- und Bugstage, Wanten, Pardunen, Stage, Ladetakel, Hahnepoten.
2.000 Knötchen für die Webleinen. Wanten zu dünn und nicht genug gespannt, Webleinen zu dick. Rüsten zu kurz für die Pardunen. Dem Galionslöwen mussten die Tatzen gekürzt werden, um Platz für das Wasserstag zu schaffen.
Laufendes Gut und Segel:
Ich habe mich bemüht, alle Taue nachzubilden, die bei Mondfeld oder Marquardt erwähnt werden, also Racks, Toppnanten, Brassen, Halsen, Schoten, Geitaue, Bullins und Gordings. Die Segel habe ich vor dem Anbringen der Rahen angeschlagen. Die Segel selbst sind aus dünnem Batist, Nähte gezeichnet, Säume, Doppelungen und Liektaue geklebt, Reffbänder durchgezogen und verknotet. Leesegelspieren aus Zahnstochern.
Bauzeit:: 2,5 Jahre (mit Unterbrechungen)
Als sehr hilfreich habe ich Bücher von Mondfeld, Marquardt, Krick und Haberland empfunden, wenngleich kritisches Hinterfragen mitunter angesagt ist.
Da ich kein reales Schiff gebaut habe, habe ich einen Namen erfunden: Melete, die altgriechische Muse für Theorie und Praxis. Trotz seiner Mängel mag ich mein Modell und sehe es mir weiterhin gerne an.
Danke, dass ihr bis hierhin durchgehalten habt. Ein weiteres Modell steht kurz vor der Vollendung. Dessen Vorstellung fällt dann kürzer aus. Versprochen!
als Kind und Jugendlicher habe ich Schiffs-, Flugzeug- und Motorradmodelle gebaut. Für Maritimes habe ich mich immer besonders interessiert, ohne je zur See gefahren zu sein. Die Bücher über Captain Hornblower oder den Seeteufel Graf Luckner habe ich damals verschlungen.
Das Mehr an Freizeit nach meinem Eintritt in den Ruhestand vor ein paar Jahren machte es möglich, wieder mit dem Schiffsmodellbau anzufangen. Ganz bewusst habe ich mich dafür entschieden, Modellschiffe aus Holz zu bauen, weil Holz ein sehr kreativer Werkstoff ist und ich Menschen, die damit umgehen können, ob dieser Fähigkeit immer schon bewundert habe.
Inzwischen habe ich ein Schiff fertig gestellt. Das möchte ich euch heute mit allen Fehlern und Mängeln vorstellen.
Anfang 2015 habe ich den Krick-Bausatz „President“ gekauft und schnell gemerkt, dass dieses „Modell“ nett aussieht, aber keinen historischen Ansprüchen genügt.
Nach der Kiellegung beschloss ich, mich völlig vom Bauplan zu lösen und aus dem Vorhandenen etwas Eigenständiges zu bauen. Bald zeigte sich: Außer Planken und Rundhölzern konnte ich nur wenig aus dem Bausatz verwenden. Außerdem fehlten viele Dinge, die laut „Mondfeld“ oder „Marquardt“ unverzichtbar sind. Das hätte ich alles einfacher haben können, aber: Wenn's dem Esel...
Mein Modell stellt eine französische Fregatte aus der zweiten Hälfte des 18. Jh. dar und orientiert sich formal und in der Farbgebung an der „L’Hermione“, deren Bau in Rochefort ich über die Jahre verfolgt habe.
Maßstab und Abmessungen:
Der Bausatz-Maßstab 1:60 ist ein Witz. Ich habe alles auf 1:100 berechnet. Mein Modell ist 51 cm lang geworden (einschl. Bugspriet), Länge zwischen Galion und Heckreling: 36 cm, größte Breite: 10 cm, Höhe Kiel – Großmast: 44 cm. Rückschauend betrachtet hätte ein Maßstab 1:120 zu originaleren Dimensionen geführt.
Den Rumpf habe ich an Bug und Heck um insgesamt 4 cm verlängert.
Galionsspanten und Galionsregeln sind aus Sperrholz bzw. Vierkantleisten aufgebaut. Die Galionsfigur sieht wie ein Pudel aus, soll aber ein Löwe sein. Sie ist auf jeden Fall zu groß ausgefallen. Sperrholz eignet sich nicht zum Schnitzen!
Für die Kupferbeplankung habe ich Plättchen im Format 16 x 6 mm aus einer Folie ausgeschnitten und mit Pattex überlappend aufgeklebt. Ganz wichtig: Latrine mit Fallrohr!
Die Heck- und Seitengalerien wurden aus Sperrholz in Schichtbauweise angefertigt. Die hinteren Fensterrahmen stammen aus dem Bausatz. Die Seitentaschen müssten etwas kleiner sein. Die zu große Eigenbaulaterne wurde ausgetauscht.
Bewaffnung:
Die mitgelieferten 12 (!) Rohre und Lafetten sind durch nachgekaufte Geschütze und Eigenbaulafetten ersetzt worden. Insgesamt stehen 26 Geschütze auf dem Batteriedeck, sechs Geschütze und zwei Drehbassen auf dem Achterdeck und zwei Karronaden auf der Back. Alle sichtbaren Geschütze sind getakelt. Für die Karronaden habe ich auf die Rohre aus dem Bausatz zurückgegriffen. Ich hätte sie vorn absägen sollen. Hinter den (nicht gleichmäßig ausgerichteten) Geschützen auf dem Batteriedeck und den kleinen Kanönchen auf dem Achterdeck ist zu wenig Platz für den Rücklauf. Da stimmt’s nicht mit dem Maßstab!
Decks und Aufbauten: Back, Batterie- und Achterdeck mittels Schablone aus 1 mm Sperrholz ausgeschnitten und mit 0,5 x 4 mm Ahornleisten beplankt. Dunkel gebeizt.
Kranbalken, Spill, Ruderstand, Teile der Grätings und Rüsten aus dem Bausatz verwendet. Fender, Geländer, Glockenstühle und Glocken, Kompasshäuschen, Nagelbänke, Knechte, Kreuzhölzer, Finknetze und –kästen sind Eigenbau. Das Beiboot wurde dazugekauft (Bausatz).
Anker: Das Modell hat vier Anker (zwei dazugekauft). Ankerbojen aus Glasperlen.
Masten:
Höhe ab Deck: Fockmast 340 mm, Großmast 370 mm, Besanmast 270 mm, Bugspriet 200 mm. Marsen und Eselshäupter aus dem Bausatz. Rest Eigenbau.
Stehendes Gut:
Sprietzurring, Wasser- und Bugstage, Wanten, Pardunen, Stage, Ladetakel, Hahnepoten.
2.000 Knötchen für die Webleinen. Wanten zu dünn und nicht genug gespannt, Webleinen zu dick. Rüsten zu kurz für die Pardunen. Dem Galionslöwen mussten die Tatzen gekürzt werden, um Platz für das Wasserstag zu schaffen.
Laufendes Gut und Segel:
Ich habe mich bemüht, alle Taue nachzubilden, die bei Mondfeld oder Marquardt erwähnt werden, also Racks, Toppnanten, Brassen, Halsen, Schoten, Geitaue, Bullins und Gordings. Die Segel habe ich vor dem Anbringen der Rahen angeschlagen. Die Segel selbst sind aus dünnem Batist, Nähte gezeichnet, Säume, Doppelungen und Liektaue geklebt, Reffbänder durchgezogen und verknotet. Leesegelspieren aus Zahnstochern.
Bauzeit:: 2,5 Jahre (mit Unterbrechungen)
Als sehr hilfreich habe ich Bücher von Mondfeld, Marquardt, Krick und Haberland empfunden, wenngleich kritisches Hinterfragen mitunter angesagt ist.
Da ich kein reales Schiff gebaut habe, habe ich einen Namen erfunden: Melete, die altgriechische Muse für Theorie und Praxis. Trotz seiner Mängel mag ich mein Modell und sehe es mir weiterhin gerne an.
Danke, dass ihr bis hierhin durchgehalten habt. Ein weiteres Modell steht kurz vor der Vollendung. Dessen Vorstellung fällt dann kürzer aus. Versprochen!
Zuletzt von Frank Kelle am Di 28 Aug 2018 - 19:19 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet (Grund : Bilder auf Forenübliches Maß 800x600 reduziert. Frank/Admin)
PietPieterszoon- Mitglied
Re: Wenn's dem Esel zu wohl wird...
Absolut toll.
Hut ab und nen ganz tiefen Bückling vor deiner Kunst.
Wenn ich meine "Pamir" auch nur annähernd so gut fertig bekomme, bin ich stolz.
Weiter so.
Gruß
Alex
Hut ab und nen ganz tiefen Bückling vor deiner Kunst.
Wenn ich meine "Pamir" auch nur annähernd so gut fertig bekomme, bin ich stolz.
Weiter so.
Gruß
Alex
Al.Schuch- Modellbaumeister
Re: Wenn's dem Esel zu wohl wird...
Danke für die freundliche Aufnahme. Liebe Grüße.
PietPieterszoon- Mitglied
Re: Wenn's dem Esel zu wohl wird...
Hallo Klaus,
ist schon ein prächtiges Schiff, auch wenn die kräftigen Farben anfangs ein
wenig gewöhnungsbedürftig sind.
Hut ab vor Deiner Leistung !!!
ist schon ein prächtiges Schiff, auch wenn die kräftigen Farben anfangs ein
wenig gewöhnungsbedürftig sind.
Hut ab vor Deiner Leistung !!!
frajo2008- Mitglied
Re: Wenn's dem Esel zu wohl wird...
Lieber Franz, hat's dann doch noch geklappt mit dem Einloggen? Ja, die knalligen Farben würde ich heute etwas zurücknehmen. Aber wenn du die Bilder von der brandneuen L'Hermione dagegen hältst, sind die Farben nicht ganz verkehrt. Herzliche Grüße Klaus
PietPieterszoon- Mitglied
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